Wilhelm Kaune (Hrsg.): Das heilpädagogische Voltigieren und Reiten mit geistig behinderten Menschen. Mit Beiträgen von Ina Burgdorf, Gabriele Eickmeyer, Margarete Gehrke, Gudrun Kaune und Wilhelm Kaune. Warendorf: FN - Deutsche Reiterliche Vereinigung (3. Aufl.) 1999.

a) Quantitatives: Fotos, Preis-Leistung, Seitenzahl, Größe

Das Buch enthält viele schwarz-weiß-Fotos. Auf dem Umschlag sind vier lebendig, fast intim wirkende Fotos, auf denen ein junger Mann - wie wir im Buch erfahren - sich von einem Isi verabschiedet, auf dem er mehrere Tage durch das isländische Hochmoor geritten ist. Das Buch ist DIN A 5 groß und hat 158 Seiten. Es kostet 24,80 DM. Es ist kartoniert (wie ein Taschenbuch mit farbigem Einband) und stabil gebunden (ein bißchen mehr innerer Rand - Bundsteg - würde allerdings das Lesen erleichtern).

b) Schwerpunkte inhaltlich (z.B. Adressaten-Klienten, therapeutische Ausrichtung, Adressaten des Buches)

Dieser Band befaßt sich explizit mit den Möglichkeiten der heilpädagogischen Förderung geistig behinderter Menschen.

Aus dem Schwerpunkt der Darstellung läßt sich schließen, daß die Adressaten des Buches (werdende) Fachkollegen oder Pferdeleute mit starkem Interesse daran, Fachkollegen zu werden, sind. Neben dem sehr dominanten praktischen Anteil nimmt die Erörterung didaktischer und entwicklungspsychologischer Grundlagen einen nicht unerheblichen Anteil ein, während ausführlichere Erörterungen über das Pferd oder das Voltigieren/Reiten eher fehlen.

Es fällt mir außerordentlich schwer, bei diesem Buch von therapeutischer oder pädagogischer Ausrichtung zu sprechen; vielleicht liegt das daran, daß die beschriebenen Maßnahmen nicht eigentlich als therapeutische aufgefaßt werden, sondern vielmehr als Unterricht, wobei die Entwicklung des Menschen in den verschiedenen Bereichen als hierarchisch, wenn auch individuell verschieden, verstanden wird. Aus diesem Grund orientiert sich der Aufbau der Maßnahme an Piaget mit der Frage, wie Sensumotorik unter Zuhilfenahme des Pferdes gefördert werden kann.

c) Stil, Besonderheiten

Die Umschlagfotos sind sehr persönlich und versetzen den Leser (zumindest bei mir war das so) augenblicklich in eine Stimmung, die auf weitere persönliche, lebendig geschilderte Berichte gespannt macht. Auch der Beginn des Buches erfüllt die Erwartungen. Danach folgen allerdings sehr nüchtern wissenschaftliche Erörterungen. Auch der Stil des Buches entspricht dem jeweiligen Inhalt. Das ist gut so, enttäuscht aber aufgrund der falschen aufgebauten Erwartung ein wenig. Alle Beiträge enthalten neben Fotos auch grafische Abbildungen, die das Beschriebene zusätzlich verdeutlichen.

d) Inhaltsverzeichnis

Einführung des Herausgebers ..... 10

Das Heilpädagogische Voltigieren und Reiten als Bereich des Therapeutischen Reitens ..... 12
Geistige Behinderung ..... 16
Das Heilpädagogische Voltigieren ..... 19
Was heißt Voltigieren?
Abgrenzung Voltigieren - Heilpädagogisches Voltigieren

1. Heilpädagogisches Voltigieren im Sonderkindergarten ..... 22
von Ina Burgdorf

Allgemeine Vorbemerkungen
Äußere Bedingungen - Beschreibung des Arbeitsfeldes
Ziele und Inhalte des Heilpädagogischen Voltigierens im Sonderkindergarten
Sozial-emotionaler Bereich - Ziele und Inhalte im Heilpädagogischen Voltigieren
Abbau von Ängsten
Aufbau von Vertrauen/Selbstvertrauen
Förderung der Gruppenfähigkeit
Sensomotorischer Bereich - Ziele und Inhalte
Gleichgewichtsschulung
Koordinationsschulung
Kognitiver Bereich - Ziele und Inhalte
Sichern und Helfen im Heilpädagogischen Voltigieren
Voraussetzungen für eine verantwortungsbewußte Arbeit
Absichern - Tips für die Praxis

2. Heilpädagogisches Voltigieren mit geistig behinderten Schülern ..... 40
von Wilhelm Kaune

Erfahrungen aus der Praxis
Der geistig behinderte Schüler
Zum Personenkreis
Zur Erziehbarkeit und Bildbarkeit
Methodisch-didaktische Konsequenzen
Das Voltigieren als heilpädagogische Maßnahme
Zielvorstellungen
Voraussetzungen für das heilpädagogische Voltigieren
- Der Ort der Durchführung
- Das Voltigierpferd
- Der Voltigierpädagoge
- Der Schüler
- Der Helfer
- Der Beobachter
- Die Gruppe
Der Voltigierunterricht mit geistig behinderten Schülern
Unterrichtsorganisation
Unterrichtsplanung
Aufbau einer Unterrichtsstunde
- Stundengliederung
- Beispiel einer Unterrichtsstunde
Reflexion
Vorstellungen von Übungen und ihre Zielsetzungen
Übungen
- In der Aufwärmphase
- Im Hauptteil

3 Das Heilpädagogische Reiten in einer schulischen Einrichtung für geistig Behinderte ..... 80
von Gudrun und Wilhelm Kaune

Ausgangssituation
Das Heilpädagogische Reiten als Arbeitsgemeinschaft im Abschlußstufenbereich
Zielsetzungen und Lernprozesse beim Heilpädagogischen Reiten
Zielsetzungen
Lernprozesse
Ziele und Lernprozesse im Freizeitbereich
Voraussetzungen für die Durchführung des Heilpädagogischen Reitens
Die Reithalle - der Reitplatz
Das Reitpferd und seine Ausrüstung
Der Schüler, die Gruppe, die Ausrüstung des Reiters
Der Reitpädagoge und der/die Helfer
Die praktische Durchführung der AG -Reiten
Vorbereitung des Pferdes für das Reiten
Das Selbständige Reiten
Versorgen des Pferdes nach dem Reiten
Stalldienst und weitere Aufgaben
Methodischer Aufbau für das Selbständige Reiten mit geistig behinderten Schülern
Teilziel: Sitz des Reiters im Schritt
Zügel aufnehmen
Schenkelhilfen
Kreuzhilfen
Gewichtshilfen
Reiten im Trab
Reiten im Galopp
Methodische Grundsätze für das Heilpädagogische Reiten
Sportliche Leistungs- und Wettkampfanforderungen bei geistig behinderten Menschen
Schlußbetrachtungen

4. Integration von Behinderten im Rahmen des Voltigierens und Reitens als Angebot eines ländlichen Reitvereines ..... 110
von Gabriele Eickmeyer

Der Begriff "Integration" im Bereich Heilpädagogischen Voltigierens und Reitens
Entwicklung der Integrationsarbeit
Zeitlicher Ablauf
Das Umfeld
Der Verein, Vorstand, Verantwortliche
Der Reiterhof
Die Kinder und Jugendlichen
Die Eltern der nichtbehinderten Kinder und Jugendlichen
Die Ausbilder und Erzieher
Heilpädagogisches Reiten
Zielsetzung und Zielgruppen, Aufbau der Veranstaltung
Der Reitausbilder und die Ausbildungspferde
Vorbereitung
Erste Reitübungen
Weiterführende motorische Funktionsübungen
Eigenständiges Reiten
Hinweise zur Reitlehre
- Der Sitz
- Hilfengebung
Integration im Freizeitsport
Wettkampfsport für geistig Behinderte
Möglichkeiten und Grenzen der Integration im Bereich des Heilpädagogischen Voltigierens und Reitens

5. Voltigieren, eine Möglichkeit der Freizeitgestaltung von Behinderten und Nichtbehinderten 126
von Margarete Gehrke und Wilhelm Kaune

Einleitung
Ausgangssituation und Entwicklung der gemeinsamen Freizeitgestaltung von Behinderten und Nichtbehinderten
Zur Ausgangssituation
Beginn des gemeinsamen Freizeitangebotes
Die Zielsetzung
Die heutige Situation
Voraussetzung für gemeinsame Freizeitgestaltung
Der Reitverein
Die Reitanlage
Der Übungsleiter
Der Helfer
Die Voltigierer/die Voltigiergruppe
Die Eltern
Gestaltung einer Übungsstunde
Aufbau einer Übungsstunde
Möglichkeiten für die Übungsstunde
- Einzelübungen
- Partnerübungen
- Gemeinsame Spiele
Gemeinsame Unternehmungen
Grenzen der Integrationsarbeit

Anlage 1 ..... 151
Anlage 2 ..... 152
Literaturnachweis/Weiterführende Literatur ..... 155
Abbildungsnachweis ..... 157
Fotonachweis ..... 157
Quellenverzeichnis ..... 158

e) Klappentext des Verlages

Unabhängig von der Ursache werden Kinder, Jugendliche und Erwachsene als geistig behindert angesehen, wenn sie "entwicklungsverzögert" nicht über die Verhaltens- und Lernmöglichkeiten verfügen, die ihrer Altersstufe entsprächen.

Der vorliegende Band weist auf, welche außerordentlich hilfreiche Wirkung die Arbeit mit dem Pferd als Medium der heilpädagogischen Förderung für die sogenannten Geistigbehinderten haben kann.

Wilhelm Kaune und seine Mitautorinnen stellen hier in langjähriger Praxis entwickelte und bewährte Modelle vor. Viele praktische Anleitungen in Verbindung mit konstruktiven Fotos machen dieses Werk sehr lehrreich, so daß es auch für die Aus- und Fortbildung eingesetzt werden kann.

f) Inhaltliche Zusammenfassung bzw. Anmerkungen zum Inhalt:

Es handelt sich bei diesem Buch um eine sehr gründliche Zusammenstellung aller Aspekte, die beim heilpädagogischen Voltigieren und teilweise auch Reiten mit geistig behinderten jungen Menschen zu beachten sind. Eingebettet wird die Darstellung zudem in Hintergrundinformationen zur Didaktik der Reittherapie, die historische und aktuelle Situation der Geistigbehindertenpädagogik, ein Auffrischen der Überlegungen Piagets zur Sensumotorik u.ä.

Der Band vereinigt fünf Aufsätze, die locker nach dem zeitlichen Verlauf geordnet sind:

Der erste Beitrag beschäftigt sich mit dem Heilpädagogischen Voltigieren im Sonderkindergarten. Ausführlich werden sowohl die Zielsetzung als auch die konkrete Durchführung geschildert.

Der zweite Aufsatz schildert das heilpädagogische Voltigieren mit geistig behinderten Schülern. Beachtet werden alle didaktisch wesentlichen Aspekte, die für einen sinnvollen Aufbau von Unterrichtsstunden zu beachten sind.

Der dritte Aufsatz beschreibt das Heilpädagogische Reiten mit Schülern der Abschlußklassen, die zuvor schon mindestens zwei Jahre lang am heilpädagogischen Voltigieren teilgenommen haben, als eine Möglichkeit, dem Bedürfnis der Schüler nach selbständigem Reiten nachzukommen, und zugleich als Chance die für das weitere Leben so notwendige Fähigkeit zu eigenen Entscheidungen, selbständigem Planen und systematischem Umsetzen zu erwerben und unter Beweis zu stellen.

Die letzten beiden Beiträge befassen sich mit den Möglichkeiten und Grenzen gemeinsamen Reitens/Voltigierens von behinderten und nichtbehinderten Menschen, in extra dafür gebildeten Gruppen bzw. als allgemeine Freizeitbeschäftigung. Auch hier werden die nötigen Voraussetzungen geschildert, die ein solches Unternehmen gelingen lassen.

Sämtliche Darstellungen sind äußerst praxisnah und enthalten viele in langjährigen Erfahrungen geronnene Tips, sowohl bezüglich der konkreten heilpädagogischen Arbeit als auch der möglichen Akzeptanzprobleme des Umfelds. Das macht diesen Band zu einem sehr gründlichen "Handbuch" für den interessierten (werdenden) Kollegen.
 
 
 



URL: www.wilde-pferde.de/kaune.html; Stand: 06.12.2001;
Verantwortlich: Katinka Lutze & Thomas Klein: gata-Verlag --
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